Keine Nikotinflashs für unsere Jugend – Werbeflashs aus!

Schadet Tabak? Unumstritten. Ist der Verkauf von Tabakprodukten an Kinder und Jugendliche legal? Nein, im neuen Tabakproduktegesetz nicht mehr. Soll aber Werbung für diese Produkte nach wie vor unsere Jugend erreichen?

Diese Kernfrage stellt sich uns am 13. Februar 2022: Wollen wir mit unserem Votum zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» den Jugendschutz stärken?

Als Kinderarzt in einem Spital und als Schularzt bei Kindern und Jugendlichen in den Klassen versuche ich, ihre Gesundheitskompetenz zu fördern. Auch mittels Information und Diskussion über den Umgang mit Tabakprodukten. Die gesundheitlichen Aspekte sind erschlagend: es drohen rasche und anhaltende Nikotinsucht, vermeidbare schwerwiegende Krankheiten in einem weiten Spektrum und Todesursache für zu viele Mitbürger:innen. Die Bilder und Aufschriften auf den Zigi-Packungen sind leider kein Fake, die Spitäler sind voller Opfer langjährigen Tabakkonsums. Nikotin ist ein Nerven- und Zellengift, das Jugendliche und ihr sich formendes Gehirn besonders beeinflusst.

 

Selbst bei uns ist Werbung für Tabakprodukte von Plakaten und Kinos weitgehend verschwunden, der blaue Dunst aus den Restaurants gewichen. Aber ein Viertel der Bevölkerung raucht, auch 17-Jährige. Tabakprodukte sind am Kiosk und im Coop präsent. Im Ausgang. In der Gratiszeitung auf der people-Seite. Im Internet. Am Handy. Mittels Influencer:innen. An Verkaufsstellen und den Musikfestwochen, am Flughafen. An gesponserten Anlässen. Heat not burn, vapen, Juul, Iqos sprechen Junge besonders an.

 

Frische Studien zeigen eindrücklich: Jugendliche im Ausgang an einem Wochenendtag erleben bis zu 68 Anreizmomente zum Tabakkonsum. Werbung wirkt nachweislich, gerade über die jugendliche Neugier und über die Peers. Sie stellt ein wichtiger Faktor für den Einstieg in den Tabakkonsum dar: 36% der 13- bis 15- und 60–70% der 16- und 17-Jährigen haben punktuellen oder anhaltenden Konsum von Zigaretten, E-Zigaretten und/oder Shisha angegeben. 57% der volljährigen Raucher haben als Kinder oder Jugendliche begonnen. Alarmierend.

 

Machen Sie den Internettest, klicken sie auf einer Tabakwebsite auf die aufpoppende Altersinfo und schon steht Ihnen die Tabakproduktewelt offen zur Verfügung. Mit Rabattversprechen. Mit einem netten Text: «Wir wünschen Ihnen im neuen Jahr alles Gute, Erfolg, Gesundheit und viel Genuss mit unseren Produkten». Zynisch? Die Tabakwerbung zielt nicht nur auf Erwachsene, sondern fokussiert gerade auf Junge. Das weiss die Tabakindustrie und ihre Lobby.

 

Gerade den Einstieg in eine Raucherkarriere können wir mit einer Einschränkung der Werbung erschweren. Das ist bitter nötig, auch im europäischen Vergleich. Das ist volkswirtschaftlich lohnend, da wir medizinisch und wirtschaftlich viel mehr gewinnen als allfällige Mindereinnahmen der AHV. Auch Anlässe sind erfolgreich ohne zweifelhaftes Sponsoring möglich.

 

Wir haben eine gesellschaftliche Verpflichtung, unsere Jugend zu schützen. Es lohnt sich für unsere Gesellschaft. Die Werbeeinschränkung ist verhältnismässig, wirksam und zumutbar. So wie es die Initiative verlangt. Aber wie es der indirekte Gegenvorschlag mit dem reinen Abgabeverbot nicht erreicht, wie eine Basler Studie zeigen konnte.

 

Auch nach einem Ja wird Tabak nicht aus der Schweiz verschwinden. Aber wir Stimmberechtigte können einen wichtigen, gesunden Schritt für unsere Jugend nehmen.

 

Übrigens: Wie würden Jugendliche selbst abstimmen? Die Büelrainer werden Ende Januar in einem Politikpodium diese Initiative zur Debatte stellen. Ich bin gespannt darauf, wie auch meine 14-jährige Tochter. Beide sind wir Nichtraucher. Und hoffen auf ein deutliches Ja im Februar!